Nun, ich denke, dass das Meiste jetzt schon gesagt ist - und ja, ich unterstütze auch die Äußerungen der anderen Forenmitglieder, "Stil" hin oder her - aber ein bisschen was habe ich durchaus noch anzufügen.
Sie reden vom § 174 StGB, sehen wir ihn uns doch mal ein bisschen genauer an:
Absatz 1: "Wer sexuelle Handlungen 1. an einer Person unter sechzehn Jahren, die ihm zur Erziehung, zur Ausbildung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist [...] vornimmt oder an sich von dem Schutzbefohlenen vornehmen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft."
Ohne Zweifel schließt dieser Teil des Paragraphen sämtliche sexuelle Handlungen zwischen einem Lehrer und einem Schüler (denken Sie sich sämtliche andere geschlechtlichen Konstellationen dazu) kategorisch aus, ohne einen Blick auf die Reife des jungen Jugendlichen oder die Art der Beziehung z. B. gegenseitige Liebe zu werfen. Das ist ein oder der Punkt, den Sie beanstanden, nicht wahr? Jedoch sollten Sie auch den vierten Absatz des § 174 berücksichtigen, sagt dieser doch aus:
"In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 [...] kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn bei Berücksichtigung des Verhaltens des Schutzbefohlenen das Unrecht der Tat gering ist."
Dies kann durchaus so ausgelegt werden, dass bei gegenseitiger Liebe/Einverständnis und auch bei festgestellter Reife des Jugendlichen, der sich der Konsequenzen durchaus bewusst ist und diese tragen kann, es eben keine Bestrafung gibt. Das dürfte sein, was sie auch gerne sehen würden - jedoch steht trotzdem noch der Schutz eines jungen Menschen im Vordergrund durch das Bestehen des Absatzes 1 Nr 1. Die Notwendigkeit eines solchen Schutzes wurde schon hinreichend aufgezeigt.
Weiterhin können wir auch noch einen Blick auf den Absatz 1 Nr. 2 von § 174 werfen:
"Wer sexuelle Handlungen 2. an einer Person unter achtzehn Jahren, die ihm zur Erziehung, zur Ausbildung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut oder im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist, unter Mißbrauch einer mit dem Erziehungs-, Ausbilungs-, Betreuungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnis verbundenen Abhängigkeit [... ] vornimmt oder an sich von dem Schutzbefohlenen vornehmen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft."
Es ist zu lesen, dass nicht die sexuelle Handlungen per se unter Strafe gestellt werden, sondern nur (!) diejenigen, die unter Missbrauch des Lehrer-Schüler-Verhältnisses stattfinden. Und genau das ist der Punkt! Das Gesetz hat nicht zur Aufgabe die sexuelle Selbstbestimmung von Personen zu untergraben, nein, vielmehr sie zu schützen, dass sie nicht ausgenutzt wird - dies wird bestraft. Ist dies nicht der Fall, ist vom Gesetzestext her keine Strafe zu erwarten. Natürlich schließt sich hier wieder die Frage an, wo der Missbraucht anfängt und auch, wie die Gerichte in Wirklichkeit dieses Gesetz umsetzen, aber dies sind andere Diskussionen. Ich denke, wer das Gesetz aufmerksam liest, der sollte sehen, dass der § 174 seine Daseinsberechtigung hat, dadurch dass er junge Menschen schützt und niemanden in seiner sexuellen Selbstbestimmung einschränkt, sofern kein Missbrauch betrieben wird und die nötige Selbstbestimmung auch schon vorhanden ist. Und Machtmissbrauch zu verhindern sollte auch in ihrem Interesse liegen, Herr Gems, oder nicht?