Re: Film "Lolita"
von Reika » 19.04.2015, 10:40
Ich habe mal gelesen, dass es kaum ein Buch/Geschichte gäbe, die so sehr missverstanden wurde, wie Lolita. Weil es eben nicht darum ginge, das Mädchen zu sexualisieren (Spoiler: genau das wird getan). Elementar ist, dass das die Geschichte aus der Perspektive von Humbert erzählt wird - alles, was passiert, ist subjektiv von ihm eingefärbt. Und die berechtige Frage lautet: Wie zuverlässig ist er als Erzähler? Verführt Lolita ihn wirklich oder ist es nicht vielmehr Humbert, der es so erleben möchte? Außerdem, Lolita, wer ist Lolita? Lolita ist zunächst mal ein Produkt der Fantasie Humberts - der Name ist ja auch von ihm - und ebenso lediglich Objekt in dessen Fantasie, was erklären kann, weswegen sie als Charakter "blass" bleibt. Wie Dolores, das "echte" Mädchen ist, ob das erzählt werden kann, ist dann die Frage, weil ja wieder Humbert der Erzähler ist, dessen Fantasiefilter sich über Dolores legt. Was der Autor selbst über Humbert gesagt hat, ist auch noch interessant und aufschlussreich: "Auf die Frage, ob Humbert nicht nur „komisch“, sondern auch „eindringlich und ergreifend“ wirke, entgegnet er an anderer Stelle: „Ich würde es anders formulieren: [Er] ist ein eitler und grausamer Schuft, dem es gelingt, einen ‚ergreifenden‘ Eindruck zu machen.“ (bei Wikipedia mit einer Fußnote belegt, die ich jetzt nicht nachgeprüft habe)
Ich sehe nicht, wie das eine Liebesgeschichte sein soll.
“Even if life is painful and tough, people should appreciate what it means to be alive at all.” (Yatogami | 夜ト)
"You still have that question, even now?"
"I know. I was over it. But even though you get over it once, the same questions return."
(aus Digimon Tri: Ketsui)
You're looking for answers, but answers aren't looking for you,
because life is a gradual series of revelations that occur over a period of time,
it's not some carefully crafted story, it's a mess and we're all gonna die.
(The End of The Movie - Crazy Ex-Girlfriend)