Ich gebe zu: Auch ich schreibe. Nicht besonders viel, aber immer wieder mal ein bisschen. Ich hab jetzt ein bisschen was an alten Texten durchstöbert und geschaut, ob ich davon was herzeigen möchte. Tatsächlich was gefunden
Einiges, das ich anfertige, ist erotische Literatur und damit nicht unbedingt für diese Ecke geeignet, aber Anderes kann ich ja zeigen
Hier mal ein erster Text von mir, ist schon länger her, dass ich den verfasst hab.
edit: Ich frag hier mal direkt, ob ich auch Sachen einstellen dürfte, die ich P16 oder P18 raten würde? Wie wird das hier gehandhabt?
Fünf Minuten
Noch nie waren ihre Arme und Beine so schwer gewesen wie jetzt, als sie auf den schweren Holztisch in der Mitte des Raumes zuging, den Test mit der Anzeigetafel nach unten auf ihn legte, und mit zittriger Hand den Wecker stellte.
Fünf Minuten. Das hatten sie ausgemacht. Sie würden die vollen fünf Minuten abwarten, ehe sie gemeinsam den Schwangerschaftstest umdrehen wollten.
Sie stand immer noch vor dem Tisch und hörte wie betäubt dem Ticken der Uhr zu. Die ersten Sekunden verstrichen und sie war sich nicht sicher, ob sie sich auf das Ablaufen der Zeit freute oder nicht.
Fünf unerträgliche Minuten Ahnungslosigkeit, welche ihr Herz pochen und sie gleichzeitig starr vor Angst werden ließen.
Und doch hatte sie das Gefühl, es handle sich um ihre letzten Minuten Sorglosigkeit und Freiheit. Als könnte das, was passiert war, keine Folgen für sie haben, solange sie sich nur nicht damit auseinandersetzte.
Als könnte sie es ungeschehen machen, indem sie beide nicht darüber sprachen.
Und sie sprachen nicht.
Er war auf der schmalen Couch seiner Wohnung sitzengeblieben und starrte vollkommen regungslos in die Leere. Einzig und allein das Wippen seines Fußes unter dem Tisch lies erahnen, dass auch er vor Anspannung kochte.
Als sie seinen Blick suchte sah er ihr kurz in die Augen. Sein Blick war nicht ganz so verzweifelt wie ihrer, aber auch er sah eher aus, als könnte er mehr Halt benötigen als ihr bieten.
Sie konnte sehen, wie er die Anspannung nicht mehr länger ertragen konnte, als er aufsprang und ans Fenster ging. Er sah starr hinaus, doch sie konnte sich nicht vorstellen, dass er die Welt draußen tatsächlich wahrnahm.
Als sie ihm von ihrer Vermutung, schwanger zu sein, erzählte, war er ihr mit blankem Zorn begegnet, als wäre das alles ihre Schuld.
Mit so einer Reaktion hatte sie nicht gerechnet, doch im Grunde kannte sie ihn kaum.
Was wusste sie schon, wie er war?
Zum ersten Mal sah sie ihn bewusst an und versuchte ihre Faszination von ihm auszublenden.
Wenn alles, was sie verliebt machte fehlte, was war es dann, das von ihm blieb?
Ihre Hände verkrampften sich in ihr T-Shirt als sie realisierte, dass es abseits von durchtanzten Nächten, lauen Sommerabenden, der Musik und aufregendem Sex nichts gab, was sie mit ihm verband.
Und mit einem Mal wurde er ihr fremd. Noch am Morgen war sie neben ihm aufgewacht, konnte seine Küsse von letzter Nacht auf ihrer Haut noch beinahe fühlen und nun stand sie hier, neben einem Mann, dem sie eigentlich nichts zu sagen hatte, darauf wartend, zu erfahren, ob er der Vater ihres Kindes würde oder nicht.
Sie schlang ihre Arme um den eigenen Oberkörper. Sich auf diese Weise selbst Halt und Schutz zu bieten, wenn es sonst keiner Tat, war schon lange eine Angewohnheit von ihr.
Doch diesmal war es anders. Nicht nur sich selbst umarmte sich.
Sondern möglicherweise auch ihr ungeborenes Baby.
Als ihr bewusst wurde, was sie da tat, lies sie die Arme sinken.
Sie wollte nichts beschützen, von dem sie nicht einmal wusste, ob es existierte.
Oder, dachte sie bitter, ob sie es haben wollte.
Wenn sie schwanger war, würde sie gehen. Ihr eigenes Leben an diesem Ort mit diesen Menschen zu verbringen war eine Sache, aber wenn sie ein Kind bekommen würde, müsste sie es unter allen Umständen von hier wegbringen.
In Sicherheit.
Für ihr Kleines ein Zuhause finden, welche sie selbst nie gehabt hatte.
Sie würde nicht bei ihm bleiben. Wahrscheinlich wäre es ihm ohnehin nur recht, wenn sie ihre Sachen nahm und ging und er so tun konnte, als sei das alles nicht passiert.
Als sei sie nicht passiert. Als sei sein mögliches Kind nicht passiert.
Quer durch den Raum sahen sie sich einige Sekunden in die Augen und sie sah, dass er ebenso gerne gehen wollte, wie sie. Dass ihn hier nichts hielt, weder sie noch ein Baby.
Sie konnte ihm nichts vorwerfen.
Zum ersten Mal seit langem, ließ sie den Gedanken zu, dass dieses Leben vielleicht nicht das war, was sie wollte. Nicht für ein Kind - und nicht für sich.
Schon so lange war sie umhergetrieben wie ein Blatt im Wind. Es war reiner Zufall, wo sie schlussendlich gestrandet war und ziellos hatte sie sich einfach weiter treiben lassen.
In ihrem Inneren hatte sie schon lange gewusst, dass sie hier nicht bleiben konnte.
Nicht bei ihm. Und auch sonst, war ihr Leben nicht das, was sich eine Mutter für ihr Kind wünschte.
Also musste sie gehen.
Vielleicht für ein Kind.
Auf jeden Fall - für sich.
Keinen Blick warf sie zurück, als sie mit einem Mal entschlossen, beinahe befreit und heiter, auf die Tür zuging.
Als sie die Klinke hinunterdrückte, klingelte der Wecker.
Sie sah nicht mehr zurück.