Schule und Religion




Alles was mit Lehrern allgemein zu tun hat - oder auch mit Schule und Beruf.

Schule und Religion

Beitragvon Medea » 10.12.2016, 12:17

Hallo! :)

Verzeiht mein permanentes Offtopic-sein, aber Themen, die Schule und Unterricht betreffen, interessieren mich halt sehr und ich denke, da sich hier ja ja einige noch in der Schule bewegen und damit zu tun haben, kann man hier sowas gut fragen :)
Derzeit beschäftige ich mich mit dem Thema Schule und Religion(sfreiheit). Ich selbst habe sehr viele Atheist*innen und Papierkatholik*innen im Freundes- und Bekanntenkreis, ein paar Heiden/Neopagane. Soweit, so unspektakulär. Ich habe aber auch Christ*innen in meinem Umfeld, die die Bibelt wortwörtlich nehmen, die die Evolution verneinen etc.
Und wenn Glaube nicht mehr nur am Papier stattfindet, sondern eben wirklich gelebt wird, stellt sie die Frage, wie weit das in die Schule hineingetragen werden darf.
Sollen Menschen Sportbefreiungen aus Glaubensgründen erhalten dürfen?
Den Handschlag verweigern dürfen? (Gerade dieses Beispiel finde ich sehr schwierig. Grundsätzlich sollte mir niemand die Hand verweigern, weil ich eine Frau bin - aber wie kann ich eine Berührung verlangen, wenn ich die Meinung vertrete, dass niemand aus egal welchen Gründen zur Berührung / zum berühren eines Anderen gezwungen werden darf? Jemandem eine Berührung aufzuzwingen ist für mich absolut grenzüberschreitend und Integritätsverletzend - auch, wenn es um einen Handschlag geht. Ich kann ihn also eigentlich nicht verlangen.)
Sollten Kopftücher im Unterricht getragen werden dürfen? Was ist mit anderen Kopfbedeckungen?
Muss man, wenn man für einen Glauben Ausnahmen macht, nicht für alle Ausnahmen machen? Was, wenn Leute dann auch mit Nudelsieb auf dem Kopf im Unterricht sitzen wollen? ;)

Wenn man Religion und Schule trennen will (und da bin ich ein großer Fan von), dann hieße das auch, es gäbe keine Adventskalender/-kränze, Wichteln, Weihnachtsstunden mehr in der Schule und auch schon keinen Nikolo mehr im Kindergarten, keine Weihnachtsslieder im Musikunterricht und Religionsunterricht nur mehr von und in kirchlichen Insitutionen, nicht mehr im Curriculum der Schulen. (Ich wär ja stattdessen für Ethik für alle).
Wie seht ihr das? Wo sind die Grenzen? Was ist Integration, was ist Anpassung - und was davon wollen wir?
Bin gespannt auf Meinungen, da mich das gerade sehr beschäftigt :)
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Re: Schule und Religion

Beitragvon Grün » 19.04.2017, 22:24

Karenina hat geschrieben:
Wenn man Religion und Schule trennen will (und da bin ich ein großer Fan von), dann hieße das auch, es gäbe keine Adventskalender/-kränze, Wichteln, Weihnachtsstunden mehr in der Schule und auch schon keinen Nikolo mehr im Kindergarten, keine Weihnachtsslieder im Musikunterricht und Religionsunterricht nur mehr von und in kirchlichen Insitutionen, nicht mehr im Curriculum der Schulen. (Ich wär ja stattdessen für Ethik für alle).
Wie seht ihr das? Wo sind die Grenzen? Was ist Integration, was ist Anpassung - und was davon wollen wir?
Bin gespannt auf Meinungen, da mich das gerade sehr beschäftigt :)



Da muss ich sagen bin ich einfach komplett dagegen. Zumal der Religionsunterricht an meiner alten Schule sehr gut war und mich jedesmal noch Tage danach zum grübeln gebracht hat. Ich meine man lernt ja auch in Religion nicht die Bibel auswendig, sondern beschäftigt sich mit Gott und der Welt, wie in Ethik. Und mal ein wenig inhaltlich zu wissen was in der Bibel steht gehört für mich zur Allgemeinbildung. Vorallem kann ja jedes Kind zu Ethik wechseln wenn es das möchte.
Und Kindern Nikolaus und Weihnachtslieder zu verbieten? Was bringt das denn? Würde ich nie befürworten. Ich fand als Kind die Adventszeit in Schule und Kindergarten immer besonders schön.
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Re: Schule und Religion

Beitragvon Severa Granger » 20.04.2017, 21:38

Gut, dass Grün einen Beitrag geschrieben hat! :thumbleft: Ich hatte schon ganz vergessen, dass ich auch noch meine Meinung dazu preisgeben wollte.

Ich bin selbst auf einer katholischen Schule. Da sind jetzt ehrlich gesagt weniger Konfessionslose oder Schüler, die anderen Religionen außer dem Christentum angehören. Aber es gibt durchaus viele Papier-Christen bzw. Leute, die sich selbst als Atheisten bezeichnen.

Trotzdem feiern alle Schüler gerne Weihnachten oder andere christliche Feste in der Schule, ganz egal, woran sie glauben. Man muss diese Feste nicht unbedingt an die Religion gebunden sehen. Ich denke, es geht einfach um die Atmosphäre.

Außerdem befinden wir uns in einem Land, in dem nunmal die vorherrschende Religion das Christentum ist. Gerade Weihnachts-Bräuche sind überall in der Gesellschaft vertreten (Stichwort: Weihnachtsmarkt). Jemand, der in Deutschland lebt und sich integrieren möchte, wird wohl kaum daran vorbeikommen. Ja, ich finde es sogar wichtig, sich als Andersgläubiger oder Ungläubiger zumindest damit zu beschäftigen, was die Mehrheit in meinem Land glaubt. Mal ganz abgesehen davon, dass gerade die Papier-Christen (die unterscheiden sich von Konfessionslosen, da sie zumindest eine halbwegs christliche Erziehung genossen haben) doch eigentlich die sind, die an Weihnachten die Kirchen wieder füllen und eben genau an diesem Fest wieder zu einem Teil der Gemeinde werden, ist Weihnachten doch ein Fest, das auch Konfessionslose und sogar Andersgläubige mit einbeziehen kann.

Ich finde es also nicht schlimm, nein sogar gut, dass man Weihnachten in der Schule feiert. Das stärkt insgesamt schon die Gemeinschaft. Es muss aber dann auch natürlich nicht jedes mögliche christliche Fest gefeiert werden.

Dass man Kirche und Staat trennen muss, steht wohl außer Frage, aber das heißt ja noch lange nicht, dass eine strikte Trennung zwischen Religion und Schule stattfinden soll. Ich finde, Grün hat ganz Recht, wenn sie sagt, Religion gehöre auch zur Allgemeinbildung.
Religionsunterricht ist bei mir in der Oberstufe schon mehr Theologie und das ist eine Wissenschaft, also eigentlich objektiv, soweit das überhaupt je möglich ist. Wenn es gerade Mal keine Theologie ist, ist es eben Philosophie oder Ethik. Bei uns im Unterricht darf man auch frei seine Meinung äußern, wenn man anders über etwas denkt, als es der christliche Glaube eigentlich vorschreiben würde. Eigene Reflexion ist sogar gerne gesehen. Es dürfte also nicht das Problem für einen Nichtchristen sein, sich in diesem Unterricht einzubringen.

Im Umkehrschluss müssen aber auch wir dazu bereit sein, uns mit anderen Religionen zu beschäftigen. Auch das wird doch im Religionsunterricht gemacht. Man lernt, was andere Religionen für Feste und Traditionen haben. Man schaut sich bestimmte Glaubensvorstellungen an. Das fördert die Offenheit und das Verständnis anderen Kulturen gegenüber.

Soweit ich weiß, gibt es in Städten, in denen sehr viele Muslime wohnen, auch schon muslimischen Religionsunterricht in Schulen, genauso wie man in solchen Stadtteilen manchmal auch Türkisch als Fremdsprache in der Schule lernen kann.
Außerdem sagte Grün ja bereits, dass man Religion auch abwählen kann. Wer also wirklich gar nicht einsieht, den Religionsunterricht zu besuchen, der kann sich auch einfach dagegen entscheiden.

Insgesamt finde ich es also wichtig, dass Religion in der Schule auch in Zukunft einen Platz hat. Vielleicht sogar gerade in der Zukunft, da verschiedene Kulturen und Religionen räumlich immer mehr zusammenrücken. Das bereitet vielen Leuten Angst und sie reagieren mit Hass und Ablehnung, was eben das ist, was weder ethisch noch religiös berechtigt ist, einfach nur ein Produkt aus Unwissenheit und Verschlossenheit gegenüber Fremdem.
Die Religionen müssen einander verstehen und aufeinander zugehen. Dazu muss man sich aber in der Öffentlichkeit damit beschäftigen. Welcher Ort ist also besser dafür geeignet als die Schule, die jedes Kind besuchen muss?
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Re: Schule und Religion

Beitragvon Grün » 20.04.2017, 21:41

@Severa Granger

Vielen Dank, gefällt mir sehr gut wie du das alles beschreibst und du hast mir damit die Arbeit abgenommen selbst so einen Roman zu schreiben :thumbleft: :thumbleft: :thumbleft: :thumbleft: :thumbleft: :thumbleft:
Grün
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Re: Schule und Religion

Beitragvon BE-Love4ever » 18.01.2018, 22:46

Also ich hatte zu meiner aktiven Schulzeit früher soviel Bezug wie eine Nonne zur Hamburger Reeperbahn.
Habe dann Ethik als Fach gewählt, das erschien mir als weniger verwirrend. Welch glücklicher Zufall dass mein Schatz das Thema während meiner Ausbildungszeit auch unterrichtet hat. So hat das Fach gleich doppelt interessiert.
In diesem Sinne: Eternal love and keep the faith!!!! :lol:
Gefühle klopfen nicht an die Tür und fragen ob es gerade passt :oops: :love10: :love10: :love10: :love10: [/i]
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Re: Schule und Religion

Beitragvon Raven » 19.01.2018, 13:48

Meiner Meinung nach sollten in einer offenen, toleranten Gesellschaft die Anhänger der verschiedenen Weltreligionen (wegen dem Nudelsieb) ihre Religion ausüben dürfen. Auch in der Öffentlichkeit/Schule, also z.B. durch ein Kopftuch. Schul-/Sportbefreiungen aus religiösen Gründen sind meiner Meinung nach also obligatorisch, wenn ein entsprechender Antrag vorliegt.
Die Schule sollte aber in einem christlich geprägten Land wie Deutschland trotzdem das Christentum ausleben dürfen (Weihnachten, Adventskalender, Wichteln, Dekoration, etc.) Solange niemand zur Teilnahme an einem Advents-/Weihnachtsgottesdienst gezwungen wird, ist das für mich absolut ok.
Generell bin ich aber (auch) für das allgemeine Fach Ethik, in dem dann außer der "normalen" Ethik auch alle Weltreligionen sachlich, vergleichbar und gleich erklärt werden. Nur dieses gemeinsame Lernen kann Vorurteile abbauen und zu einer friedlichen Kommunikation zwischen den Religionen beitragen.
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